Paartherapie

Paare entschließen sich aus vielfältigen auslösenden Gründen, gemeinsam Psychotherapie in Anspruch zu nehmen: häufige Streitereien und scheinbar unlösbare Konflikte, Aggressionen, Seitensprünge und Außenbeziehungen, sexuelle Probleme, Schwierigkeiten im Patchwork und vieles andere mehr.

Unter der Oberfläche dieser aktuellen Themen geht es meist um das eine zentrale Thema: so, wie es ist, sind wir nicht glücklich miteinander. Es funktioniert so nicht mehr – das ist es nicht, was wir uns vorgestellt haben. Wir reden aneinander vorbei (oder wir reden gar nicht mehr miteinander), der/ die andere hört mir nicht mehr zu. Dem vorangegangen ist meist schon ein jahrelanger Prozess der schrittweisen Entfremdung, begleitet von den

10 klassischen Alarmzeichen für Beziehungskrisen:

  • Ich ziehe mich vom Partner/ von der Partnerin zurück – ich erlebe ihn/ sie im Rückzug von mir
  • Ich erlebe meinen Partner/ meine Partnerin immer häufiger als einen mir fremden Menschen
  • Wir sprechen immer weniger miteinander, vor allem nicht mehr und nur sinnlos über unsere Schwierigkeiten
  • Die Sexualität in der Partnerschaft wird immer seltener und/ oder nur mechanisch
  • Ich habe nur mehr wenig positive Gefühle für den Partner/ die Partnerin, und wenn, dann eher in seiner/ ihrer Abwesenheit
  • Ich sehne mich häufig danach zurück, wie es früher war
  • Ich stelle mir öfter vor, wie es allein und/ oder mit einem anderen Menschen wäre
  • Wir streiten häufig, und die Konflikte werden immer aggressionsgeladener und immer erschöpfender und auslaugender
  • Ein oder beide Partner ist/ sind häufig krank
  • Ich fühle mich in der Partnerschaft resigniert, verzweifelt, traurig oder abgestumpft

Jedes einzelne dieser Signale sollte Anlass sein, sich intensiv mit der Beziehung zu beschäftigen – wenn 5 oder mehr von ihnen gleichzeitig auftreten, ist die Partnerschaft akut gefährdet und die Fähigkeit und/ oder Bereitschaft, aus eigener Kraft aus der Krise zu finden, wahrscheinlich nur mehr gering.

Die Paarpsychotherapie

In einem ersten Schritt geht es darum, die gemeinsamen Ziele abzuklären (denn sehr oft sind die Wünsche und Vorstellungen sehr unterschiedlich). In aller Regel gibt es dafür 3 Varianten:

  • das Paar entschließt sich für einen Neustart und eine Neudefinition der Beziehung
  • das Paar entscheidet sich zu einer Trennung in Menschenwürde und Verantwortung für einander und gemeinsame Kinder
  • es ist zuerst notwendig, herauszufinden, wie viel Substanz zwischen den Beiden noch da ist und welche der beiden oben genannten Varianten – Neustart oder Trennung - die sinnvollere ist.

Die psychotherapeutische Arbeit mit Paaren erfasst insgesamt 4 Ebenen (je nach spezieller Problematik in unterschiedlichem Ausmaß):

  • Die aktuelle Kommunikation und das aktuelle Verhalten miteinander: Höre ich wirklich, was der/die Andere überhaupt sagt und meint? Wie kann ich ihm/ ihr wieder Respekt und Achtung als Mensch entgegenbringen?
  • Die Bewältigung der Geschichte der Beziehung: wie ist es gekommen, dass es mit uns so gekommen ist? Bin ich bereit, dafür die Verantwortung zu übernehmen – statt dem/ der Anderen die Schuld zuzuschieben? Kann und will ich verzeihen und um Verzeihung bitten? Will ich meine Wunden heilen lassen – und was brauche ich dafür?
  • Die Rolle der individuellen Lebensgeschichten: Welche alten Defizite und unerfüllten Sehnsüchte, welche destruktiven Muster hat jede/r von uns aus seiner vorherigen Geschichte mitgebracht? Wie haben sich diese Geschichten ineinander verwickelt und wie lösen wir uns davon und daraus?
  • Die Bewältigung der Zukunft: Wie gestalten wir unser weiteres Leben – miteinander, getrennt, als Paar, als Einzelpersonen? Wie nehmen wir unsere Verantwortung für unsere Kinder wahr?

Meine Rolle als Parpsychotherapeut definiere ich gerne als Dolmetsch. Menschen sprechen unterschiedliche ‚Sprachen’ (auch wenn ihre Muttersprache dieselbe ist). Je entfremdeter ein Paar ist, umso größer werden diese Unterschiede, beide können und/ oder wollen nicht mehr verstehen, was die/ der Andere meint. Ich versuche die Botschaft der einen Person so in Worte zu fassen, dass die andere Person das in ihrer inneren Welt leichter verstehen kann.
Eine zentrale Aufgabe für mich ist es, dem Paar zu helfen, von Schuldzuweisungen und auch von eigenen Schuldgefühlen wegzukommen (‚Du bist allein schuld, ich reagiere nur’; ‚Ich weiß, ich habe alles verbockt, ohne mich wäre er/ sie besser dran’). ‚Schuld’ ist ein Thema der Rechtswissenschaften und der Theologie, zwischenmenschlich geht es um Verantwortung – um die gemeinsame Verantwortung für die Beziehung, für die Liebe und auch für das Ende der Liebe.

Die Dauer einer Paartherapie ist je nach Situation unterschiedlich: manchmal sind nur einige Entflechtungen notwendig, manchmal ein komplexer Prozess, ein kompliziertes Ringen miteinander und gegeneinander. Nicht selten gibt es Rückschläge – die eingespielten Muster können sehr mächtig sein. Oft ist sinnvoll, am Anfang in kürzeren Abständen – wöchentlich bis 14-tägig – zu arbeiten, auch du in Doppelsitzungen (damit beide Seiten genügend Raum und Zeit finden können). Mit fortschreitender Paartherapie werden die Abstände länger, um den Beiden die Möglichkeit zu geben, das Erarbeitete in die Praxis des Alltags umzusetzen.

Texte zum Thema:

Transaktionsanalytische Paartherapie: Bleiben wir da? Ja, wir werden uns verändern. (2014)

Psychotherapie mit Paaren mit dem Skript-System (1990)

Die Angst der Männer vor den Frauen (1995)

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Warum Männer sich nicht trauen zu vertrauen (2002)

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